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Eine Rückführung der EZB Anleihekäufe dürfte zu erneuten Verwerfungen an den peripheren Kapitalmärkten führen

EZB Präsident Draghi hat an der letzten Pressekonferenz betont, dass die Fragmentierung an den Märkten der Eurozone vorüber ist. Schaut man sich die Zins- und Spreadentwicklungen bei Eurozonen Wertpapieren an, dann trifft diese Aussage zu. Hingegen zeigt der neue Rekord bei den italienischen Target 2 Salden, dass die zu Grunde liegenden Kapitalflüsse keineswegs mit einem Ende der Fragmentierung übereinstimmen und sich die Kapitalabflüsse aus der Peripherie erneut beschleunigt haben. Diese Entwicklungen geben Anlass zur Sorge insbesondere für den Fall, wenn die EZB sich entscheiden sollte, ihre Anleihekäufe ab dem März 2017 zu reduzieren. In diesem Szenario dürften die Kapitalabflüsse zu erneuten Verwerfungen an den peripheren Kapitalmärkten führen.

EZB Präsident Draghi hat an der letzten Pressekonferenz betont, dass die Fragmentierung an den Märkten der Eurozone vorüber ist: „But let me say one thing, which is probably the thing that matters most: while in the previous time we had observed fragmentation and we had observed very subdued credit developments, nowadays we can safely say that fragmentation is over.“ Schaut man sich die Zins- und Spreadentwicklungen bei Eurozonen Wertpapieren und Kreditsätzen an, dann trifft diese Aussage zu.

2J. & 10J. Anleiherenditen Deutschland & Italien

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Während der Eurozonen Staatsschuldenkrise in 2011 haben sich die Zinsen auf italienische und deutsche Staatsanleihen in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Bei den deutschen Papieren sind die Renditen gesunken während sie bei den italienischen Staatsanleihen – auf Grund der Sorgen bzgl. der Kreditwürdigkeit Italiens und des Zusammenhaltes der Währungsunion – massiv angestiegen sind. Insbesondere in der Folge des „whatever it takes“ von EZB Präsident Draghi konnten die italienischen Zinsen ab Sommer 2012 wieder deutlich fallen. Die Erwartung und spätere Ankündigung der EZB Anleihekäufe haben die italienischen Zinsen sowie die Zinsspreads ggr. ihren deutschen Pendants weiter gedrückt. Auch bei den Zinsen auf Kredite in Italien und Deutschland haben sich die Spreads seit 2012 weitestgehend eingeengt. Insofern stimmt die Aussage Draghis, dass die Fragmentierung in der Eurozone deutlich nachgelassen hat.

Target 2 Verpflichtungen der italienischen Zentralbank

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Allerdings offenbart ein Blick auf die Kapitalflüsse, dass dieser Zustand sehr fragil und abhängig von den Anleihekäufen der EZB ist. So sind die Target 2 Verpflichtungen – also die Verpflichtungen der italienischen Zentralbank ggr. den anderen Zentralbanken der Eurozone – in den letzten Monaten markant angestiegen und haben im August mit EUR 327Mrd. ein neues Rekordhoch erreicht. Der nachfolgende Chart der italienischen Zentralbank zeigt die kumulierten Kapitalflüsse Italiens seit Beginn 2011 im Vergleich zu den Target 2 Verpflichtungen. Vor der Eurozonen Staatsschuldenkrise in 2011 waren die Target Salden meist nahe bei 0. Die Staatsschuldenkrise hat jedoch zu einem massiven Kapitalabfluss aus den peripheren Staaten und einem Zufluss in die Kernländer geführt, der über das Target System der Eurozonen Zentralbanken ausgeglichen worden ist. Die Differenz der kumulierten Zuflüsse von Kapital nach und Abflüsse von Kapital aus Italien stehen dabei spiegelbildlich der Entwicklung der Target Salden der italienischen Zentralbank gegenüber. Die letzten fünf Jahre lassen sich in drei Phasen einteilen. In 2011 und 2012 – der Hochphase der Staatsschuldenkrise – haben vor allem die Ausländer ihre Investitionen in italienischen Staatsanleihen reduziert. Gleichzeitig hat sich der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten für die italienischen Banken erschwert. Beides – der Verkauf von italienischen Staatsanleihen durch Ausländer sowie die Reduktion der internationalen Verpflichtungen der italienischen Banken – stellt eine Kapitalflucht ausländischer Investoren aus Italien dar. Die italienischen Anleger hingegen haben Gelder aus dem Ausland zurück nach Italien geholt. Weil die Kapitalflucht der Ausländer in ihrem Umfang viel größer war als die Repatriierungen der italienischen Investoren, sind die Target Verpflichtungen der italienischen Zentralbank auf knapp 300Mrd. im Sommer 2012 angestiegen.

Target 2 Verpflichtungen und kumulierte Zahlungsbilanzflüsseca

Quelle: Banca d’Italia

Die zweite Phase ab Sommer 2012 bis Herbst 2014 war von einer Entspannung der Finanzmärkte und einem Rückgang der Target Verpflichtung gekennzeichnet. Mit dem „whatever it takes“ konnte EZB Präsident Draghi das Vertrauen in den Zusammenhalt der Eurozone erhöhen und hat damit auch erneute Kapitalzuflüsse der ausländischen Investoren – die von den hohen Zinsen profitieren wollten – ausgelöst. In der Folge haben sich die Target 2 Verpflichtungen der italienischen Zentralbank auf EUR 130Mrd. reduziert. In der dritten Phase, die seit Ende 2014 vorherrscht, steigen die Target Verpflichtungen wieder. So haben die Ausländer aufgehört zusätzliches Kapital in Italien zu investieren – wahrscheinlich weil die Renditen auf Grund der EZB Käufe auf wenig attraktive Niveaus gefallen sind. Noch wichtiger ist, dass die Italiener selber begonnen haben, Kapital im großen Stil ins Ausland zu transferieren, rund EUR 200Mrd. in den letzten beiden Jahren. Es scheint so als würden sie die Käufe italienischer Anleihen durch die EZB nutzen, um ihr Exposure ggr. Italien zu reduzieren. Sie legen das Geld, das sie für die Wertpapiere erhalten, nicht mehr im gleichen Umfang in andere italienische sondern in ausländische Wertpapiere an oder bringen es zu ausländischen und nicht zu italienischen Banken. Ein wichtiger Auslöser für dieses Verhalten dürfte die anhaltende Krise der italienischen Banken sein. So sind die hohen Ausstände an faulen Krediten nicht bereinigt und eine Rekapitalisierung lässt weiter auf sich warten. In der Folge steigen die Target 2 Verpflichtungen immer weiter!

Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass sich die Zinsen von italienischen und deutschen Staatsanleihen in den letzten vier Jahren deutlich angenähert haben und sich die Fragmentierung an den Finanzmärkten reduziert hat. Jedoch erscheint diese Stabilisierung vor dem Hintergrund der Kapitalflucht der Italiener sowie der Absenz neuer Kapitalzuflüsse der Ausländer als fragil und einzig getrieben durch die Käufe der EZB. Damit die Inländer ihre Kapitalflucht beenden bedarf es wohl einer Lösung der italienischen Bankenkrise. Damit die Ausländer ihre Investitionen in Italien wieder erhöhen, müssten entweder die Renditen signifikant steigen oder aber die makro-ökonomischen Risiken sollten sich deutlich reduzieren. Sowohl eine deutliche Verbesserung des makro-ökonomischen Umfeldes als auch ein schnelles Ende der Bankenkrise sind aktuell aber nicht absehbar. Entsprechend dürften die Renditen bei italienischen Anleihen im Falle einer Beendigung bzw. Reduktion der EZB Käufe deutlich ansteigen, um ein neues Gleichgewicht zu erreichen.

Wir gehen weiterhin von einer Verlängerung der Anleihekäufe über den März 2017 hinaus aus. Wir erwarten aber im Risikoszenario eines Endes bzw. einer Reduktion der Käufe deutliche Verwerfungen an den Kapitalmärkten der Eurozone und insbesondere einen kräftigen Anstieg der Renditen italienischer Anleihen.

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Author

Portfoliostratege

Veröffentlicht am 4. Oktober 2016