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Die EZB und die Grenzen der geldpolitischen Lockerung

Das globale Wirtschaftsumfeld zeichnet sich durch ein anhaltend moderates Wachstum und einen nur gering ausgeprägten Inflationsdruck aus. Hinzu kommt, dass wichtige Zentralbanken (allen voran die EZB und die BoJ) ihr Inflationsziel in den letzten Jahren verfehlt haben, aber gleichzeitig die Wirksamkeit zusätzlicher Lockerungsmaßnahmen abnimmt. In der Folge wäre die Fiskalpolitik wieder mehr gefordert, um zusätzliche Wachstumsimpulse – wenn möglich über investive Ausgaben – zu liefern. Sie könnte dies vor dem Hintergrund der Rekord tiefen Anleihezinsen auch leisten, will es aber (noch) nicht in großem Umfang tätigen. Entsprechend bleibt es trotz der reduzierten Effizienz ihrer Maßnahmen hauptsächlich an den Zentralbanken hängen, zusätzliche Wachstums unterstützende Impulse zu generieren.

Eurozone Inflationsrate & 5J5J.  Inflationsswaps vs. EZB Inflationsziel

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Bei der Europäischen Zentralbank zeigt sich diese Problematik deutlich. So präsentiert sich das fundamentale Umfeld an ihrer Sitzung von diesem Donnerstag uneinheitlich. Einerseits deuten die Daten der letzten Wochen sowie die Vorlaufindikatoren auf eine anhaltende wenn auch leicht schwächere Wachstumserholung hin. Jedoch haben als Folge der Abstimmung Großbritanniens zu Gunsten eines EU-Austritts die Abwärtsrisiken zugenommen. Hinzu kommt, dass nicht nur die aktuelle Inflationsrate von 0,1% JüJ. die Zielgröße von nahe aber unter 2% deutlich verfehlt, sondern auch die langfristigen Inflationserwartungen wie z.B. die 5J5J. Inflationsswaps mit 1,35% erheblich zu niedrig und nahe eines Rekord Tiefstandes stehen. Entsprechend dürfte die EZB über weitere Lockerungsschritte diskutieren. Dabei zeigen sich jedoch zusehends die praktischen Grenzen der Geldpolitik. Eine erneute Absenkung der Leitzinsen und dabei insbesondere des Satzes für die Einlagenfazilität von aktuell -0,40% würde die ohnehin schon schwierige Ertragslage für das Bankensystem in der Eurozone noch zusätzlich erschweren. Auf der Aktivseite der Bankbilanzen würde ein solcher Schritt mit einer niedrigeren Verzinsung einhergehen, während sich auf der Passivseite die Verzinsung der Einlagen kaum unter 0% drücken lässt und damit die Nettozinsmarge der Banken unter Druck gerät. In der Folge dürften die negativen Nebenwirkungen noch niedrigerer Leitzinsen zunehmen und damit erscheint diese Option der geldpolitischen Lockerung wenig wahrscheinlich.

Weitere Unterstützungsschritte könnten über eine Vergrößerung oder eine zeitliche Ausdehnung des Anleihekaufprogramms vorgenommen werden, allerdings stößt auch dieses Programm auf Grund der abnehmenden Verfügbarkeit von kaufbarem Material – allen voran bei den Bundesanleihen – zusehends an seine Grenzen. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass die EZB versuchen wird mittels technischer Änderungen diesen akuten Anleihemangel zu reduzieren, um das Kaufprogramm – wohl zu einem späteren Zeitpunkt – zeitlich über den März 2017 hinaus verlängern zu können. Im Vordergrund dürfte dabei eine Veränderung der selbst auferlegten Kaufbeschränkungen liegen. So kauft die EZB nur bis 33% pro Anleihe und zahlt maximal eine Rendite, die dem Einlagensatz von aktuell -40Bp. entspricht. Insbesondere der letzte Aspekt führt dazu, dass sich der Mangel bei den Bundesanleihen sogar noch selber verstärkt. Je tiefer die Renditen auf die Bundesanleihen fallen, desto weniger Anleihen kommen für das Kaufprogramm in Frage und umso mehr fallen die Renditen dieser noch kaufbaren Anleihen. Gegenwärtig ist die kürzeste Bundesanleihe mit einer Rendite von mehr als -40Bp. die Bund Februar 2024. Somit können die EZB bzw. die Bundesbank nur noch Anleihen kaufen, die eine längere Laufzeit als siebeneinhalb Jahre aufweisen. Ein Aufheben dieser Kauflimite würde es ermöglichen, die Käufe weniger stark am langen Ende zu konzentrieren, sondern sie gleichmäßiger auf die verschiedenen Laufzeitsegmente aufzuteilen. Damit könnte man auch das Anleihekaufprogramm zeitlich über den März 2017 hinaus umsetzen. Darüber hinaus dürfte auch über eine Änderung des Kaufschlüssel weg von einer kapitalgewichteten hin zu einer schuldengewichteten Aufteilung der Anleihekäufe und evtl. über den Einschluss weiterer Anlageklassen nachgedacht werden. Diese beiden Maßnahmen würden eine spürbare zeitliche Ausweitung oder alternativ eine Vergrößerung des Kaufprogrammes ermöglichen. Allerdings sollte das nicht darüber hinweg täuschen, dass solche Maßnahmen zwar Zeit kaufen können aber nicht in unbeschränktem Ausmass und dass die technischen Grenzen einer zusätzlichen geldpolitischen Lockerung über Anleihekäufe unweigerlich näher rücken.

Insgesamt stößt die traditionelle Geldpolitik mittels eines Absenkens der Leitzinsen an praktische und die unkonventionelle Geldpolitik über Anleihekäufe an technische Grenzen. In diesem Umfeld wäre eine engere Kooperation zwischen der Geld- und der Fiskalpolitik notwendig wie wir schon in einem anderen Blog-Post dargestellt haben (Zeit für monetär finanzierte Investitionsprogramme), damit sowohl die gesamtwirtschaftliche Nachfrage als auch die Inflationserwartungen nachhaltig unterstützt werden können.

 

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Author

Portfoliostratege

Veröffentlicht am 19. Juli 2016