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Politik treibt Ölpreis und wird so zu Risikofaktor

Seit unserer letzten Analyse des Ölmarktes im November haben sich Befürchtungen bezüglich der politischen Risiken stärker in den Vordergrund geschoben. Der Preis für Brent hat im April USD 70/Barrel durchbrochen und notiert jetzt bei fast USD 80. Obwohl die Ölförderung mehr als ausreichend ist, geht von steigenden politischen Risiken und temporären Transportengpässen Preisdruck aus. Die steigende Ölrechnung wird die globale Konjunktur leicht bremsen. Insbesondere ölimportierende Schwellenländer mit Leistungsbilanzdefiziten und hoher Inflation wie die Türkei, Argentinien und Südafrika könnten Finanzierungsprobleme bekommen.

Versorgungslage bleibt solide

Fundamental hat sich seit November nur wenig verändert. Der Ölverbrauch ist etwas stärker gestiegen als die Förderung, so dass die Läger global abgebaut wurden. Das Überangebot vergangener Jahre scheint überwunden.  Ein genauerer Blick auf Details zeigt jedoch ein differenzierteres Bild.

OPEC verliert Marktanteil

Der aktuelle Marktausgleich ist der geringeren Förderung der OPEC und Russlands geschuldet. Auf der einen Seite wird die Förderkürzung um 1,8 Mio. Barrels/Tag weitgehend eingehalten. Hinzu kommt aber der Kollaps der Ölindustrie Venezuelas, dessen Output seit Ende letzten Jahres um ein Drittel auf nur noch 1,1 Mio. Barrel/Tag geschrumpft ist. Andere Nicht-OPEC-Länder produzieren heute mehr als je zuvor. Alleine die USA haben den Output binnen eines Jahres um eine Million Barrels gesteigert. Eine weitere Tatsache ist, dass zahlreiche Ölproduzenten in der Lage sind mehr Öl zu verkaufen, aber nur schwer Käufer finden. Saudi-Arabien hat große Förderreserven und ist über den schrumpfenden Marktanteil besorgt. Es ist wohl auch bereit, eine eventuelle Reduktion iranischer Ölexporte aufgrund neuer Sanktionen der USA zu ersetzen. Aber auch Russland hat neue Lagerstätten erschlossen und ist bestrebt mehr zu fördern. Auch wenn der weltweite Ölverbrauch weiter wächst, sollte angebotsseitig kein Grund zur Sorge bestehen.

Warum steigt der Ölpreis trotzdem?

Im Markt dominiert derzeit das Zukunftsszenario einer Angebotsverknappung aufgrund von vier Faktoren.
1. Es wird erwartet, dass die Produktion Venezuelas kollabieren wird, weil das Land in politisches Chaos fällt und es ausländischen Gläubigern der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA gelungen ist, wichtige Teile der ausländischen Anlagen der Firma gerichtlich beschlagnahmen zu lassen.
2. Es wird befürchtet, die Neuauflage amerikanischer Sanktionen gegen den Iran könnten dessen Exporte um bis zu einer Million Barrels einbrechen lassen.
3. Es wird stark bezweifelt, dass die amerikanischen Fracker ihren Output weiter so schnell steigern können wie bisher, weil die dafür nötigen Transportkapazitäten zu Raffinerien und Häfen erschöpft sind. Es würde noch über ein Jahr dauern, bis neue Pipelines in Betrieb gehen werden. Auch die Lieferungen kanadischen Rohöls unterliegt Transportengpässen, die nicht schnell zu beheben sind.
4. Versicherungen von Vertretern der OPEC und Russlands, die Förderkürzungen noch länger beizubehalten, werden als glaubhaft eingestuft, da sie so die jetzige Preiserholung nicht gefährden wollten. Sie benötigen dringend die aktuellen Mehrerlöse, um das Wachstum in ihren Volkswirtschaften wieder in Gang zu bringen bzw. Haushaltsbudgets aufzubessern.

Höhere Belastung für Ölverbraucher wird drückender

Der Preis für ein Barrel Rohöl lag in 2016 im Durchschnitt bei USD 57 und in 2017 bei USD 67. Ölverbraucher müssten demnach bei heutigen Preisen von USD 79 pro Jahr gut USD 430 Mrd. mehr aufwenden als im Vorjahr bzw. USD 800 Mrd. mehr als in 2016. Ein Anstieg der Ölrechnung in dieser Größenordnung wird die globale Konjunktur leicht bremsen. Unter ölimportierenden Emerging Markets mit hohen Leistungsbilanzdefiziten und höherer Inflation könnten finanzielle Schieflagen entstehen mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Märkte. Unter besonderer Beobachtung stehen die Türkei, Südafrika und Argentinien, das schon mit ernsten Zahlungsproblemen kämpft. Die ölexportierenden Schwellenländer sind natürlich die Gewinner dieser Entwicklung – insbesondere Russland und Saudi-Arabien sind hier zu nennen.

Längerfristiger Ausblick für den Ölpreis bleibt gedämpft

Grundsätzlich hat sich an dem fundamentalen Trend der letzten Jahre nichts geändert: Es kann ständig mehr Öl zu niedrigeren Kosten gefördert werden, was zu tendenziell fallendem Ölpreis führen sollte. Lediglich ein Förderkartell könnte dies verhindern. Da aber sogar die OPEC keine einheitliche Front mehr repräsentiert und die alleine wirtschaftlich agierenden Ölfirmen in Nicht-OPEC-Ländern, insbesondere in den USA, enorme Förderkapazitäten entwickeln, ist damit zu rechnen, dass der Rohölpreis kaum noch Steigerungspotenzial hat. Vorerst verhindert anhaltende geopolitische Unsicherheit im Nahen Osten jedoch einen Rückgang.

Schlussfolgerung für Finanzmärkte

Der höhere Ölpreis sollte die globale Konjunktur leicht bremsen aber keine größeren Auswirkungen für entwickelte Länder haben. Anders sieht es für Schwellenländer aus. Während ölexportierende EM stark profitieren, könnten die Probleme in ölimportierenden Ländern mit hohen Leistungsbilanzdefiziten und hoher Inflation noch größer werden. Wir meiden Anlagen in diesen Ländern, sowohl in heimischer Währung als auch in Fremdwährung.

 

 

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