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2G plus statt Lockdown für alle – Entwarnung für den Aktienmarkt

Die vierte Welle trifft derzeit auch, aber nicht nur Deutschland mit voller Wucht, täglich erreichen die Neuinfektionen mit dem Coronavirus neue Höchststände. Da die vor uns liegende kalte Jahreszeit in Europa dem Virus in die Hände spielt, dürften entsprechende Maßnahmen gegen seine Ausbreitung in einer zunehmenden Zahl von Ländern zeitnah beschlossen werden. Allerdings stellt die Pandemie in ihrem jetzigen Stadium mehr ein humanitäres und weniger ein wirtschaftliches Problem dar. Deshalb nehmen zwar kurzfristig die Abwärtsrisiken an der Börse zu und ein temporärer Rücksetzer kann nicht ausgeschlossen werden. Mittelfristig aber behalten wir unsere positive Einschätzung für Wirtschaftswachstum und Unternehmensgewinne bei, was insgesamt zu einem positiven strategischen Ausblick für den Aktienmarkt führt. Für die Anleihemärkte in der Eurozone bieten die jüngsten Entwicklungen aufgrund eines potenziellen Aufschubs des geldpolitischen Kurswechsels durch die Europäische Zentralbank sogar eine Unterstützung, hingegen belasten sie den Euro.

In Deutschland hat die Corona-Pandemie mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von aktuell über 300 einen traurigen Rekord erreicht. Die zukünftige Ampel-Koalition in Berlin diskutiert den gesamten Maßnahmenkatalog, von Ausweitung der epidemischen Notlage über eine partielle Impfpflicht bis hin zu einem Lockdown für Menschen, die sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen wollen. Dabei ist Deutschland leider kein Einzelfall, auch in einigen anderen europäischen Ländern nehmen die Neuinfektionen dramatisch zu. So steigt in Österreich die Sieben-Tage-Inzidenz mit einer Verdoppelungszeit von unter zwei Wochen rapide und liegt jetzt schon bei einem Wert von 900. Die Regierung hat bereits umfassende 2G-Regeln beschlossen, womit sich nur noch Genesene und Geimpfte frei bewegen können und damit faktisch den Lockdown für Ungeimpfte über das ganze Land verhängt. Die Entwicklung in den Niederlanden zeigt ein ähnliches Bild, weshalb dort die Gastronomie in den kommenden drei Wochen um 20 Uhr schließen muss. Auch die Niederlande stehen vor flächendeckenden 2G-Regelungen.

Der Süden hat bei den Impfquoten die Nase vorn

Für diese in den vergangenen Wochen deutlich beschleunigte Pandemiedynamik in Europa ist einerseits sicherlich das saisonal schwierigere Wetter verantwortlich. So führt die kühle und feuchte Jahreszeit dazu, dass sich die Menschen vor allem in Innenräumen aufhalten, in denen die Ansteckungsgefahr viel größer ist als draußen. Hinzu kommt die Ausbreitung einer Untervariante der Delta-Mutation, die noch einmal um etwa zehn Prozent infektiöser sein soll. Zu guter Letzt nimmt die Wirksamkeit der verabreichten Impfstoffe genau jetzt spürbar ab. Auffällig ist allerdings die unterschiedliche Entwicklung zwischen den deutschsprachig dominierten Ländern sowie Benelux einerseits und den südeuropäischen, lateinisch dominierten Ländern andererseits. Weisen erstere rekordhohe Werte auf, befinden sich die Inzidenzen in der zweiten Gruppe auf erheblich niedrigeren Niveaus. Dafür ist sicherlich auch das mildere Klima im Süden Europas verantwortlich, weitaus stärker dürften allerdings die erheblich höheren Impfquoten in Ländern wie Frankreich, Spanien und Spitzenreiter und einstigem Sorgenkind Portugal ins Gewicht fallen. Denn während dort gerade einmal 1,5 Prozent der über 12-jährigen noch nicht geimpft sind, liegt die Quote in Deutschland, Österreich und der Schweiz zwischen 22 und 25 Prozent. 

Einschränkende Maßnahmen statt ausgedehnter Lockdowns

Aufgrund der anhaltend schwierigen Saisonalität dürfte die Pandemie in Europa in den nächsten Monaten eine Herausforderung für Politik und Bevölkerung bleiben. Es ist davon auszugehen, dass weitere Maßnahmen zu ihrer Eindämmung in einer zunehmenden Zahl von Ländern ergriffen werden. Verbunden damit ist die Frage, welche Auswirkungen dies auf die volkswirtschaftlichen Entwicklungen und die Finanzmärkte haben wird, die sich derzeit noch relativ unbeeindruckt vom Infektionsgeschehen zeigen. Wir gehen davon aus, dass mehr und mehr Länder den Einsatz von 2G bzw. 2G+ (also Zugang nur für Genesene und Geimpfte, die aber gleichzeitig getestet sein müssen) ausweiten werden. Gleichzeitig dürften die Anstrengungen, um sowohl die Erstimpfquoten als auch die Dynamik bei den Drittimpfungen nochmals zu erhöhen, verstärkt werden. Die Erfahrung aus Israel lehrt, dass damit mittelfristig die Fallzahlen gesenkt werden können. Darüber hinaus sind einschränkende Maßnahmen, die vor allem die Gastronomie und den Veranstaltungssektor treffen, denkbar. Allerdings erwarten wir keine geographisch ausgedehnten und langanhaltenden harten Lockdowns wie im vergangenen Winter. Entsprechend dürfte es auch nicht zu bedeutenderen Produktionsausfällen kommen. 

Zinswende dürfte sich nach hinten verschieben

Mit gezielteren Einschränkungen des sozialen und gesellschaftlichen Lebens sollte sich auch der Trend, dass zwar die Fallzahlen neue Höchststände erreichen, aber gleichzeitig die wirtschaftlichen Schäden abnehmen, fortsetzen. Der konjunkturelle Ausblick ist deshalb mit Blick auf die Pandemie weiterhin günstig. So sind neben der fortschreitenden Durchimpfung auch von Seiten der medikamentösen Therapien positive Nachrichten zu vermelden. Schon in den kommenden Monaten dürften weitere Medikamente zur Corona-Behandlung zugelassen werden. Entsprechend sehen wir auch unseren längerfristigen Wachstumsausblick nicht als gefährdet an und erwarten ein zwar volatiles, aber insgesamt doch recht freundliches Wirtschaftsumfeld. Die gegenwärtig erhöhte Pandemiedynamik verstärkt hingegen unsere Einschätzung, dass die Finanzmärkte die Zinswende der Europäischen Zentralbank deutlich zu früh eingepreist haben. In den vergangenen Tagen wurden die Zinserwartungen zwar schon etwas reduziert, eine erste Erhöhung um zehn Basispunkte wird jedoch immer noch vor Ende 2022 impliziert. Wir erwarten, dass die EZB deutlich länger mit einer Entscheidung für höhere Leitzinsen warten wird. 

Mittelfristig positiver Aktienmarktausblick mit Fokus auf Technologie

An den europäischen Aktienmärkten hat die gegenwärtige Pandemiewelle bis jetzt zu keinen spürbaren Rückschlägen geführt. Eine Korrektur nach den starken Kursanstiegen in diesem Jahr lässt sich zwar nicht ausschließen, mittelfristig erwarten wir allerdings eine Fortsetzung des Aufwärtstrends. Während die zu erwartenden Corona-Maßnahmen nur mit moderaten negativen Wachstumseffekten einhergehen sollten, bleibt das geldpolitische Umfeld noch für einen längeren Zeitraum sehr akkommodierend. Hinzu kommt, dass der Euro wegen der zunehmenden Fallzahlen und abnehmenden Leitzinserhöhungserwartungen unter Druck geraten ist, während der Dollar von den höheren US-Inflationszahlen zusätzliche Unterstützung erfahren hat. Dies hilft gerade den stark exportorientierten europäischen Unternehmen. Einen erneuten Schub könnten Technologieunternehmen erfahren sowie Firmen, die von einer beschleunigten Digitalisierung profitieren. Zusätzliche Belastungen sehen wir hingegen für Unternehmen aus den Bereichen Tourismus, Freizeit und Veranstaltungen, potenziell auch in der Luftfahrt. Damit behalten wir unsere Positionierung eines überdurchschnittlichen Aktienrisikos mit einer starken Gewichtung von Technologieunternehmen sowie des Themas „Digitalisierung“ und einer hohen US-Dollar-Quote bei.

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