1

Green Finance – Zu viel Regulierung gefährdet positive Lenkungseffekte

Taxonomie – von diesem eher technischen Wort-Ungestüm erhofft sich die Europäische Union in den kommenden Jahren noch stärkere Lenkungseffekte von Investitionskapital in Richtung Klimaneutralität. Durch eine Klassifizierung und Ecolabels für Finanzprodukte soll bis ins kleinste Detail geprüft werden, ob eine Investition grün und nachhaltig ist oder nicht. Längst ist nun die Diskussion darüber entbrannt, ob eine kennzahlenbasierte Regulierung am Ende tatsächlich zu effizienteren Investitionsentscheidungen unter ESG-Aspekten führt oder ob dadurch nicht genau die Lenkungseffekte nachhaltiger Investitionsentscheidungen konterkariert werden.

Rolle von Green Finance bedarf realistischer Einschätzung

Bevor man sich einer Antwort auf diese Frage nähert, sollte man sich erst einmal grundsätzlich über die Rolle von Green Finance klar werden und eine realistische Einordnung vornehmen, inwieweit die verstärkte Lenkung von Investitionen in Richtung ökologisch nachhaltiger Aktivitäten dazu führt, dass Unternehmen ihre CO2-Emissionen reduzieren, wir dadurch die Pariser Klimaziele erreichen und am Ende den Klimawandel stoppen können. Auch hier liegt es wie bei so vielen Dingen nahe, zu argumentieren, dass nicht die Investitionsentscheidung eines einzelnen, aber auch nicht Green Finance in der Gesamtheit allein die Welt vor dem Klimakollaps bewahren kann. Aus dieser Erkenntnis heraus dann aber den einfachsten Weg einzuschlagen, eine Art Verweigerungshaltung einzunehmen, den Nutzen solcher Dinge in Frage zu stellen und den Schwarzen Peter einfach weiterzureichen, wäre genau der falsche Schritt. 

Individuelle Beurteilung von ESG-Investments notwendig

Investoren können aber nur dann ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden, wenn eine individuelle Beurteilung jedes einzelnen Investments nach ESG-Kriterien gewährleistet werden und immer auch die Frage beantwortet werden kann, ob das jeweilige Unternehmen ein sinnvolles Nachhaltigkeitskonzept verfolgt. Geht man so vor, kann man durch ein entsprechendes Investment die Finanzierungskosten dieser Unternehmen senken und damit als Investor seinen Beitrag zu einem ökologischen und nachhaltigen Umbau der Wirtschaft leisten. Dabei sollte man aber nicht auf starre Methoden setzen und zum Beispiel nur in Unternehmen investieren, die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens aus Kennziffern bereits schon wenig CO2 ausstoßen. Vielmehr geht es darum, Unternehmen, die in einem ESG-Ranking vielleicht noch nicht in der obersten Liga spielen, auf ihrem Weg zur Klimaneutralität mit dem nötigen Kapital zu unterstützen. 

Mehrdimensionale Konzepte statt starrer Kennzahlen

Genau hier aber könnte eine weitere Regulierung sogar kontraproduktiv sein, die mit kennzahlenbasierten Ansätzen das Ziel verfolgt, Investitionsentscheidungen noch strenger auf ihre Nachhaltigkeit abzuklopfen. Wir gehen stattdessen in unserem Nachhaltigkeitskonzept immer mehrdimensional vor, um dadurch eine Verkürzung auf einige wenige Parameter zu vermeiden. Für uns muss ein Investment in der Breite unter Nachhaltigkeitsaspekten überzeugen. So ist zum Beispiel der Autobauer Daimler zweifelsohne ein Emittent, der mit einer sehr CO2-intensiven Vergangenheit auch heute noch rund 16 Tonnen Greenhouse Gas (GHG)-Emission pro 1 Million Euro Umsatz ausstößt. Dennoch verfolgt Daimler ein sehr schlüssiges Konzept zur Dekarbonisierung und hat hier erhebliche Erfolge vorzuweisen. Die GHG-Emission wurde seit 2012 kontinuierlich verbessert und mehr als halbiert, im Vergleich zur Konkurrenz liegt man im absoluten Spitzenfeld. In diesem Sinne überzeugt uns z.B. der Green Bond von Daimler, welcher auch die Errichtung von CO2-neutralen Produktionsstätten finanziert. Auch wenn es für uns ohne diese Anleihe möglich wäre, einen niedrigeren CO2-Fußabdruck des Portfolios zu erzielen, haben wir den Bond allokiert. 

Greenwashing vermeiden

Wer so investiert, vermeidet auch das sogenannte Greenwashing und kann Trittbrettfahrer ausschließen, die nur auf der grünen Welle deshalb mitsurfen wollen, weil im Nebel der derzeit förmlich explodierenden Nachfrage nach Green Bonds schon kein Investor so genau hinschauen wird. Als Investor genau hinschauen heißt aber andererseits auch, nicht blind und mit der Gießkanne zum Beispiel in einen Exchange Traded Fund (ETF) oder Index Fund zu investieren, denn genau hier erfolgt zumeist eine schematische bzw. statische Beurteilung der ESG-Kriterien. So verkürzt zum Beispiel der iShares Green Bond Index Fund bei der Auswahl der Anleihen das Thema Nachhaltigkeit lediglich auf die Green Bond Principles (GBP), beurteilt aber nicht das emittierende Unternehmen. Somit wird das Tor für Greenwashing geöffnet, d.h. ein wenig nachhaltiges Unternehmen emittiert eine Anleihe, welche zwar auf den ersten Blick die Kriterien für nachhaltiges Investieren erfüllt, tatsächlich aber liegt keine überzeugende Nachhaltigkeitsbilanz des Emittenten vor. Beispiele sind hierfür z.B. die beiden Emissionen der Flughäfen von Amsterdam und Rom, die zwar mit den Erlösen der Anleihen auch Energieeinsparungen vorantreiben, aber vor dem Hintergrund des Ausbaus der Flughäfen und einer Zunahme des CO2-intensiven Flugverkehrs uns unter Nachhaltigkeitsaspekten nicht überzeugen. 

Fazit

Insofern hängt die Beantwortung der Frage nach den tatsächlichen Lenkungseffekten nachhaltigen Investierens eng mit der Frage zusammen, wie man dies tut. Aus unserer Sicht führt bei Green Bonds kein Weg an einem aktiv gemanagten Fonds vorbei, der einen umfassenden, eben nicht schematischen, aber umso öfter einen pragmatischen Ansatz verfolgt. Und sicher wird die EU-Taxonomie ihren Beitrag zu einer weiteren Standardisierung des noch jungen Marktes für Grüne Anleihen leisten. Die Politik läuft aber auch Gefahr, mit noch mehr Regulierung Investoren daran zu hindern, mit ihren Entscheidungen auch Unternehmen zu finanzieren, die sich auf den zweiten Blick auf einem guten Weg hin zu nachhaltigem Wirtschaften befinden, aber durch das Raster starrer Kennziffern gefallen sind.

——————————–
MainSky AG
Reuterweg 49
D-60323 Frankfurt am Main

Telefon: 069 – 150 49 680-0
Telefax: 069 – 150 49 680-29
E-Mail: info@mainsky.de