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Wird die US-Fed die nächste Rezession auslösen?

Fed erhöht Zinsen, obwohl Inflation niedrig bleibt

Das FOMC der US-Fed hat im Juni die Zielrate für die Fed Funds um weitere 25bp auf 100-125bp erhöht.  Überraschend war, dass die Projektion weiterer Zinserhöhungen bestätigt wurde, obwohl die Inflation wieder rückläufig ist und deutlich unter das 2%-Ziel gefallen ist. Im Mai ist die PCE-Kernrate auf 1,4% gefallen. Trotzdem hält die Fed an ihrer Projektion fest, das Ziel von 2% schon 2018 zu erreichen.

Angst vor steigenden Löhnen

Die Begründung ist wie schon zuvor die Annahme, der Arbeitsmarkt habe keine freien Reserven mehr und deshalb würden die Löhne bald stärker steigen und mehr Kostendruck zu steigender Inflation führen. Damit die Inflation auch längerfristig zielkonform bleibt, müsse die Geldpolitik die Zinsen erhöhen und bald auch die enorm aufgeblähte Bilanz der Fed verringern.

Track Record der Fed ist ein Desaster

Im Finanzmarkt folgt man dieser Argumentation nicht. Die Inflationsprognosen der Fed waren bisher immer zu aggressiv und mussten regelmäßig nach unten angepasst werden. Das gleiche gilt für die Projektion des wahrscheinlichsten Pfades der Fed Funds Target Rate. Auch im Juni wurde wieder 3% für Ende 2019 angegeben, d.h. bis dahin würde sie noch um 175bp erhöht. Im Geldmarkt antizipiert man aber für Anfang 2019 nur 1,5% und Mitte 2020 1,7%. Die Projektionen der Fed werden als nicht glaubwürdig beurteilt.

Folgt die Fed überholten Hypothesen?

Den  Projektionen der Fed liegen zwei fragwürdige Annahmen zugrunde. Erstens wird postuliert, der enge Arbeitsmarkt würde wie vor 20 Jahren und auch in 2006 und 2007 zu steigendem Lohnkostendruck führen. Seit 2011 sinkt die Arbeitslosenrate kontinuierlich ohne jedoch einen Lohneffekt zu haben.

Zweitens gibt es seit über 20 Jahren keinen sichtbaren Zusammenhang zwischen  Löhnen und Inflation. Auch wenn die erste Annahme der Fed bestätigt werden sollte, wofür es einige Hinweise in verfügbaren Daten gibt, dann heißt das noch lange nicht, dass dann auch die Inflation steigen wird. Diese wird von zahlreichen anderen Variablen mitbestimmt, die dem entgegenwirken können. Es gibt keine belastbare Evidenz für die Annahme, die kommenden Jahre würden von der Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte abweichen.

Neben den explizit festgeschriebenen Zielen fühlt sich die Fed zunehmend mehr verpflichtet, als Hüter der gesamtwirtschaftlichen Finanzstabilität zu agieren. Sie beobachtet mit wachsendem Unbehagen eine Zunahme der Verschuldung der Unternehmen und Haushalte mit vermehrt riskanten Finanzkonstruktionen. Wichtige Mitglieder des FOMC wie Yellen, Fischer und Dudley scheinen auch der Meinung zu sein, langfristige Zinsen, Aktien und andere Assetbewertungen seien zu hoch. “Asset valuations are somewhat rich if you use some traditional metrics like price earnings ratios, but I wouldn’t try to comment on appropriate valuations, and those ratios ought to depend on long-term interest rates.” (Janet Yellen, 27.6.2017). Logischerweise scheint deshalb eine restriktivere Geldpolitik zur Sicherung eines stabilen Finanzwesens angemessen und richtig.

Die Federal Reserve Bank of Chicago hat zur Evaluierung des Risikos für die Finanzstabilität einen Financial Conditions Index entwickelt, der Kredit-, Bewertungs- und Verschuldungsrisiken bewertet. Indexwerte unter null beschreiben überdurchschnittlich lockere Finanzbedingungen; Werte über null entsprechend restriktive Bedingungen. https://www.chicagofed.org/research/data/nfci/background

Nach nunmehr vier Zinserhöhungen sieht sich die Fed mit einer Auflockerung der Financial Conditions konfrontiert, die ihre geldpolitische Intention konterkariert. Insbesondere längerfristige Zinsen sind gesunken und begünstigen steigende Assetbewertungen und Verschuldung. Während eine flachere Zinskurve einerseits die Konjunktur anregt und Assetmärkten frischen Schub verleiht, ist eine sehr flache oder sogar inverse Kurve ein klares Signal für steigende Rezessionsrisiken. In der Vergangenheit waren extrem flache bzw. inverse Renditekurven regelmäßig ein Vorläufer für Rezessionen.

Die geldpolitische Deutung dieses Phänomens ist gespalten. Auf der einen Seite steht die Meinung, die Korrektur von Übertreibungen in Finanzmärkten und Überschuldungsblasen sei eine natürliche und letztendlich notwendige Entwicklung. Eine vorausschauend restriktive Zinspolitik solle die Entstehung von Blasen verhindern und so schmerzhafte Rezessionen verhindern. Das Ziel einer Zentralbankpolitik müsse das „soft landing“ eines Konjunkturaufschwunges sein. Dieses Ziel verfolgt die US-Fed. Siehe hierzu auch das Protokoll der FOMC-Sitzung am 13./14. Juni (https://www.federalreserve.gov/newsevents/pressreleases/monetary20170614a.htm ).

Auf der anderen Seite steht die Meinung, ein Aufschwung würde regelmäßig von übermäßig aggressiver Geldpolitik beendet; die Zentralbanken seien die Verursacher der meisten Rezessionen. Der Blick zurück zeigt, wie soft landing immer wieder angestrebt wird, aber nur selten erreicht wird. Realistischer Weise bedeutet dies, dass in jeder Zinserhöhungsphase das Rezessionsrisiko grundsätzlich mit jeder neuen Erhöhung steigt. Am Anfang steigt es jedoch nur sehr langsam, beschleunigt aber stark in der letzten Aufschwungphase.

Auch die nächste Rezession könnte von der Fed verursacht werden

Seitdem die Fed die geldpolitische Wende in 2013 eingeleitet hat, ist die US-Kurve deutlich flacher geworden. Dies signalisiert bis jetzt aber noch kein Besorgnis erregendes Rezessionsrisiko. Der Rückgang der längerfristigen Renditen wird von fallenden Inflationserwartungen erklärt, während die realen Renditen leicht gestiegen sind und ein solides Vertrauen in nachhaltiges aber moderates Wachstum widerspiegelt. Erst wenn die realen Zinsen wieder fallen sollten, wird erhöhte Vorsicht geboten sein und die Portfolioallokation müsste grundsätzlich überarbeitet werden.

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