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US-Notenbank: Guter Arbeitsmarkt kein ausreichender Grund für Zinserhöhung

Der amerikanische Arbeitsmarkt hat im Juni und Juli mit zwei sehr guten Arbeitsmarktstatistiken (Nonfarm Payrolls von 292k und 255k) überrascht, nachdem im Mai ein deutlicher Einbruch auf nur 24k verzeichnet wurde. Ist damit der Weg für eine weitere Zinserhöhung der Fed im September oder Dezember frei?

Wir glauben, dass das FOMC die Lage viel vorsichtiger einschätzt als der Markt. Die Gründe hierfür liegen in den Details der Statistiken. Die Arbeitslosenrate ist auf die hypothetische NAIRU gefallen, bei der Vollbeschäftigung herrscht. Die Unterbeschäftigungsrate U-6, die wesentlich breiter gefasst ist, steht aber auch nach einem merklichen Rückgang seit 2011 immer noch auf dem Niveau von Hochständen früherer Zyklen. Außerdem ist die gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsrate von über 66% vor der Finanzkrise in 2007/8 auf unter 63% gefallen und bisher kaum gestiegen. Beide Indikatoren zeigen, dass trotz Erreichen der NAIRU noch erhebliche ungenutzte Beschäftigungspotenziale existieren.

US_ArbeitsmarktMit steigender Beschäftigungsnachfrage steigen auch Löhne und Gehälter schneller. Der Median für Vollzeitbeschäftigte liegt jetzt 3,6% über Vorjahresniveau. Als die Arbeitslosigkeit bei 10% lag wurde kaum 2% Steigerung registriert. Der Lohnkostendruck für die Gesamtwirtschaft wird aber besser von dem Arbeitskostenindex (ECI) in der Privatwirtschaft wiedergegeben. Dieser enthält alle Lohn- und Nebenkosten und wird von der Beschäftigungsstruktur stark beeinflusst.

Da es einen nachhaltigen Trend zu niedriger entlohnter Arbeit gibt, wachsen die durchschnittlichen Gesamtlohnkosten wesentlich langsamer und liegen seit 2011 auf einem stabilen Trend von gut 2%. Dies ist zu wenig, um die Kernrate der PCE-Inflation nachhaltig auf die Zielrate von 2% zu bringen. Ist der Konjunkturausblick so gut, dass eine Beschleunigung des ECI bevorsteht?

US ArbeitsmarktDer Arbeitsmarktindex der Federal Reserve, der eine Vielzahl von Indikatoren zusammenfasst, befindet sich seit Anfang 2015 in einem Abwärtskanal. Die Erholung in den letzten beiden Monaten hat den Einbruch in der 1. Jahreshälfte noch nicht ausgeglichen. Weitere kräftige Verbesserungen sind nötig, um hohe monatliche Zuwächse bei den Payrolls aufrecht zu erhalten.

Im 3. Quartal sollte das US-BIP eine technische Erholung nach zwei sehr schwachen Ergebnissen in Q1 und Q2 von durchschnittlich annualisierten 1% zeigen, der Konjunkturtrend bleibt bisher aber auf einem schwachen Trend von rd. 1,5%. Unsere Konjunkturindikatoren für die USA zeigen sogar ein zunehmendes Risiko für ein Abgleiten in eine Rezession. Wir sehen kein Überhitzungsrisiko für die amerikanische Konjunktur.

US KonjunkturindikatorDer Indikator Typ 1 basiert Daten der Realwirtschaft, während der Typ 2 mehrheitlich marktbasierte Datenreihen auswertet.

In einem solchen fragilen Konjunkturbild würde die Fed mit einer Zinserhöhung riskieren, den Abschwung abzuwürgen, um Inflationsrisiken vorzubeugen, die immer noch sehr undeutlich und kaum erkennbar sind. Da quasi der gesamte Rest der Welt – jetzt auch einschließlich der Bank of England – sich in unverändert aggressivem geldpolitischen Expansionsmodus befindet, würde eine Zinserhöhung von einer Aufwertung des US Dollars begleitet werden und so die restriktive Wirkung stark verstärken.

Unter Präsidentin Janet Yellen ist das FOMC bisher mit einem ausgesprochen vorsichtigen und behutsamen Ansatz in geldpolitischen Entscheidungen aufgefallen, der negative Wirkungen so weit wie möglich vermeiden will. Dies wird auch so bleiben. Da bis zur nächsten FOMC-Sitzung am 20./21. September die Risiken bestenfalls marginal niedriger sein werden, wird man nichts verändern. Die Sitzung am 1./2. ist nur wenige Tage vor der Präsidentenwahl und deshalb politisch extrem inopportun.

Der Markt preist zur Zeit eine Wahrscheinlichkeit von ca. 50% für eine Zinserhöhung am 13./14. Dezember. Wir sehen die Wahrscheinlichkeit wesentlich niedriger im einstelligen Bereich, da sich bis dahin am großen Bild, insbesondere auf globaler Ebene, nicht viel ändern wird.

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