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Zeit für monetär finanzierte Investitionsprogramme

Seit der Finanzmarktkrise 2007 ist die globale Wirtschaft durch eine dramatische Investitionsschwäche gekennzeichnet, welche zu einem starken Abfall des Trendwachstums in fast allen Wirtschaftsblöcken geführt hat. Während die Fiskalpolitik auf Austerität fokussiert und in den Budgets die Investitionen aufgrund der demographischen Entwicklung immer stärker zu Gunsten der konsumtiven Transfers zurückgedrängt werden, ist die Geldpolitik alleine ebenfalls mit der Aufgabe überfordert, Investitionen und Wachstum zu fördern. Die hohen Schuldenstände verhindern die Transmission der expansiven Politik in Kreditwachstum und die Negativzinspolitik wirkt zusehends kontraproduktiv. Im Ergebnis stellt sich ein stabiles Gleichgewicht aus fallendem Trendwachstum, hohen Überschusskapazitäten, Disinflation und rückläufigen Anleiherenditen ein, welches derzeit sowohl Geld- und Fiskalpolitik als weitgehend ohnmächtige Akteure zurücklässt. Es wäre an der Zeit, diese Abwärtsspirale durch eine Verbindung von Geld- und Fiskalpolitik mit der Hilfe von monetär finanzierten Investitionsprogrammen zu durchbrechen.

Globaler Kollaps bei Investitionen und Trendwachstum…

Seit der Finanzkrise ist die globale Konjunktur durch einen Kollaps des Trendwachstums in fast allen bedeutenden Wirtschaftsräumen gekennzeichnet. Dafür gibt es zwei Schlüsselfaktoren: 1.) liegt seit Jahren eine ausgeprägte Investitionsschwäche vor, welche ein stark sinkendes Produktivitätswachstum nach sich zieht und 2.) drücken die alternde Bevölkerung bzw. die demographischen Effekte das Trendwachstum.

Grafik 1: Produktivitätswachstum im Rückwärtsgang

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Quelle: OECD

Nicht nur zur Bedienung der unverändert hohen Schuldenberge braucht es Wachstum, ein höherer Produktivitätsfortschritt ist langfristig auch für anhaltende Wohlstandsgewinne notwendig. Die rückläufigen Produktivitätsfortschritte wiederum sind hauptsächlich auf eine geringere Zunahme des Kapitalstocks (d.h. auf fallende Investitionen) sowie in geringerem Maße auf einen Rückgang der Gesamtfaktorproduktivität (= technologischer Fortschritt) zurückzuführen.

Grafik 2: Rückgang der Produktivität auf Grund sinkender Investitionen

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Quelle: OECD

Zum einen haben die Staaten in den letzen Jahren – insbesondere nach der Finanzmarktkrise – im Zuge ihrer Austeritätspolitik die Investitionen reduziert. Interessant ist es, sich hier die Zahlen für Deutschland anzusehen: Im Bundeshaushalt 2015 entfielen 90% der Ausgaben auf konsumtive Zwecke und nur 10% auf Investitionen. Im Jahre 2000 waren dies noch knapp 12%. Trotz der guten Fiskal- und Wachstumssituation hat der deutsche Staat seit der Jahrtausendwende keine Nettoinvestitionen mehr getätigt. Dies ist eine Ursache dafür, dass auch in Deutschland das Trendwachstum deutlich abgenommen hat. Im Vergleich zu anderen (insbesondere europäischen) Ländern ist dabei die Entwicklung in Deutschland noch recht günstig. In Italien und Spanien z.B. hatte die Fiskalpolitik nach der Finanzmarktkrise keine andere Wahl, als die Investitionen massiv zurückzuführen.

Grafik 3: Nettoanlagevermögen des deutschen Staates vs. BIP (beide preisbereinigt, 1991=100)

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 Quelle: Statistisches Bundesamt

…lässt Fiskal- und Geldpolitik machtlos zurück

Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ist keine Verbesserung der zukünftigen Handlungsfähigkeit der Fiskalpolitik zu erwarten. Die hohen Schuldenstände in sehr vielen Ländern lassen keine Ausweitung der Defizite zu; somit drängen zwangsläufig die steigenden sozialen Ausgaben (u.a. aufgrund der demographischen Entwicklung) die Investitionen immer weiter zurück. Im Unternehmenssektor führt zum anderen der Rückgang des Trendwachstums dazu, dass auch hier weniger investiert wird. Ein fallendes Trendwachstum bedeutet geringer zukünftige Nachfrage und weniger Investitionsbedarf.

Mit einer weitgehend handlungsunfähigen Fiskalpolitik liegt die ganze Last der Generierung stimulierender Impulse auf der Geldpolitik. Jedoch zeigt sich zusehends, dass die Geldpolitik an die Grenze ihrer Handlungsfähigkeit stößt. So lasten die Negativzinsen auf den Zinsmargen der Banken und drohen die Kreditvergabe zu untergraben. Zusätzlich schwächt das Tiefzinsumfeld die kapitalbasierten Altersvorsorgesysteme und die Sparneigung der Haushalte steigt.

Im Ergebnis stellt sich ein stabiles Gleichgewicht aus stetig fallendem Trendwachstum, hohen Überschusskapazitäten, Disinflation und rückläufigen Anleiherenditen ein. Damit findet keine nennenswerte Reduktion der Verschuldung statt, welche Spielräume für die Fiskalpolitik zurückbringen und die Bedingungen für die Transmission der expansiven Geldpolitik in die Realwirtschaft verbessern würde. Eine Abwärtsspirale, die derzeit sowohl Geld- und Fiskalpolitik als weitgehend ohnmächtige Akteure zurücklässt.

Zeit für monetär finanzierte Fiskalpolitik

Zur Auflösung dieser Situation bietet es sich an, Fiskal- und Geldpolitik im Sinne eines monetär finanzierten Investitionsprogrammes zu verbinden. Dieses Programm könnte über eine direkte Finanzierung durch die Notenbank in Höhe von ca. 1% vom BIP pro Jahr erfolgen. So könnte z.B. die Europäische Investitionsbank (EIB) eine Investitionsoffensive in wichtigen Schlüsseltechnologien wie z.B. zukunftsfähige Datennetze, Infrastrukturinvestitionen im Energiebereich sowie Mobilität und Bildung koordinieren. Damit würde die Konjunktur belebt, der Investitionsschwäche im öffentlichen Sektor entgegengewirkt und die Weichen für ein zukünftig höheres Trendwachstum gestellt werden. In der Folge bestünde die Hoffnung, dass auch die Unternehmen im Lichte der sich verbessernden mittelfristigen Wachstumsaussichten wieder mehr investieren. Das höhere Trendwachstum seinerseits würde auch zu einer Verbesserung der staatlichen Schuldentragfähigkeit führen und somit zukünftige Räume für die Fiskalpolitik eröffnen. Im Gegensatz zu den derzeitigen QE-Programm würde eine dauerhafte Ausweitung der Geldmenge erfolgen, womit die Chancen günstig stünden, die Inflationserwartungen positiv zu beeinflussen. Nicht zu vernachlässigen ist auch, dass ein solches koordiniertes Investitionsprogramm zu einem schnelleren Abbau der Arbeitslosigkeit führen sollte und damit den populistischen und nationalistischen Strömungen entgegenwirken dürfte.

Hingegen erachten wir das aktuell immer wieder diskutierte „Helicopter Money“ als ökonomisch völlig unsinnig. Im Gegensatz zu unserem Vorschlag handelt es sich dabei um eine rein auf kurzfristige Konsumstimulierung ausgerichtete Maßnahme, welche nicht zu einer Verbesserung der Investitionstätigkeit führen würde. Sie dürfte keinerlei nachhaltigen positiven Effekte auf Trendwachstum, Beschäftigung und Schuldentragfähigkeit haben.

Dr. Eckhard Schulte & Daniel Pfändler, Juni 2016

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